Früher galt ein Mann erst dann als Mann, wenn er weder Schmerz noch Trauer zeigte und man ihn daheim als Oberhaupt der Familie sah. Der Mann von heute hingegen hat mit diesem „grobschlächtigen Kerl von damals“ nicht mehr viel gemein: Er steht zu seinen Gefühlen und schwört seiner Frau die ewige Liebe, übernimmt mit Freuden auch mal das Erziehungsjahr, um den Kindern ganz nah zu sein und engagiert sich im Haushalt. Ist der Mann von heute tatsächlich so, wie wir ihn uns wünschen, oder verklären wir die Realität ein wenig, damit sie zu unseren Vorstellungen von Liebe und Familie passt? Wir haben nachgefragt!
Der Mann von heute – so stellen wir ihn uns vor
Längst sind wir uns darüber im Klaren, dass die alten Rollenmodelle des „großen Ernährers“ und der „braven Hausfrau und Mutter“ ausgedient haben, schließlich ist es durchaus möglich, dass in einigen Beziehungen die Mutter mehr verdient als der Vater und dementsprechend die Aufgaben im Haushalt ein wenig anders verteilt sind, als es der Tradition entspricht: Dann ist es eben so, dass die Mutter morgens das Haus verlässt, um ihrem Job nachzugehen und der Vater mit den Kindern daheim bleibt und sich um ihre Erziehung und den ganz normalen „Hausfrauen-Alltag“ zu kümmern. In diesem Fall soll der Mann von heute nicht nur häuslich veranlagt sein, sondern auch eine hervorragende, emotionale Beziehung zu den Kindern aufbauen können und ihre Erziehung in die Hand nehmen.
Diese Verteilung ist zwar längst nicht die Regel, doch sie kommt durchaus vor. Was jedoch noch häufiger anzutreffen ist, ist die Konstellation, dass beide Elternteile arbeiten gehen müssen und die Kinder einige Abschnitte des Tages in einem Kindergarten oder bei einer Tagesmutter verbringen. In diesen Fällen wünschen sich die Frauen von ihren Männern, dass beide Elternteile gleich viel Kraft und Zeit in den Haushalt investieren, um sich gegenseitig entlasten zu können. Auch die Erziehung der Kinder darf in der Zeit, in welcher die gesamte Familie beisammen ist, nicht alleine auf den Schultern der Frau ruhen. Jene Abschnitte des Alltags, welche alle Familienmitglieder miteinander verbringen dürfen, sollen gemeinsamen Unternehmungen und der Festigung der emotionalen Bande untereinander gewidmet sein.
Mit anderen Worten: Die Grenzen zwischen der typischen „Männerrolle“ und „Frauenrolle“ verschwimmen heutzutage immer mehr, denn das alte Modell lässt sich aufgrund vieler Faktoren einfach nicht mehr umsetzen. Dies konfrontiert Männer, deren Erziehung teilweise jedoch immer noch unter starken, traditionellen Gesichtspunkten durchgeführt wird, mit nicht zu verachtenden Anpassungsschwierigkeiten an das neue „Männerbild“.
Kann die Realität mit unseren Vorstellungen gleichziehen?
Wenn man sich vor Augen hält, wie einerseits die Gesellschaft an sich, aber auch die Frauen im Speziellen, sich den Mann von heute vorstellen, kann man manchmal direkt Mitleid mit dem männlichen Geschlecht bekommen, denn in unserer modernen Zeit sehen sich die Herren einer Fülle von Anforderungen gegenüber, die teilweise widersprüchlicher nicht sein könnten:
- Einerseits soll ein Mann Gefühle zulassen und zeigen können
- Aber nicht zu sehr, sonst wirkt er wie ein „Softie“
- Er soll im Beruf Erfolg haben
- Aber gerne auch zugunsten der Familie auf ein zu karriereorientiertes Denken und Handeln verzichten
- Er soll sich in der Erziehung der Kinder engagieren
- Dabei aber bitte auf ein Gleichgewicht in der Erzieherrolle zwischen Mutter und Vater achten
- Er soll ein häuslicher Typ sein
- Gleichzeitig aber auch viel mit der Familie unternehmen (Ausflüge, romantische Abende, etc.)
Wie man sieht, hat es der Mann von heute nicht immer leicht, seiner „Rolle“ entsprechend zu handeln und die Erwartungen seiner Umwelt zu erfüllen. Dementsprechend schwer fällt es der „neuen Generation Mann“, sich ihren Platz im Leben zu erkämpfen. Das Resultat: Viele Herren versuchen zwar, sich mit der neuen Rollenverteilung anzufreunden, doch nur wenigen gelingt dies auf Anhieb. Die Mehrzahl muss mit häufigen Rückschlägen und Frustrationsmomenten kämpfen.
Außerdem werden die Männer – mal offen, mal unterschwellig – regelmäßig mit den traditionellen Geschlechterrollen konfrontiert, beispielsweise dann, wenn sich ihre Arbeitskollegen darüber lustig machen, dass sie Erziehungsurlaub beantragen. Oder auch in Situationen, in denen die eigenen Eltern den Kopf darüber schütteln, dass die Väter daheim bei den Kindern bleiben, um den Müttern mal einen Samstagabend mit ihren Freundinnen zu gönnen. Diese verwirrenden Botschaften verunsichern sie noch mehr, so dass innere Konflikte immer wieder nach außen getragen werden – sehr zum Leidwesen ihrer Ehefrauen und Kinder.
Doch auch die Frauen selber sorgen dafür, dass Männer oft nicht genau wissen, wie sie sich verhalten sollen. Einerseits suchen sie einen liebevollen Mann, der ihnen verständnisvoll zuhört, sie tröstend in die Arme nimmt und ihnen ewige Liebe schwört – auf der anderen Seite sehnen sie sich immer noch ein wenig nach dem Macho, dem die Frauenherzen nur so zufliegen und welcher den Eindruck vermittelt, niemals gebändigt und an ein braves Dasein als Ehemann und Vater gewöhnt werden zu können. Wieder einmal steht der Mann von heute vor einem großen, inneren Konflikt: Er muss den schmalen Grad zwischen Macho und Softie finden, darf aber niemals zu stark zu einer der beiden Seiten tendieren. Dass dieses Unterfangen nicht immer von Erfolg gekrönt ist, dürfte kein Geheimnis sein.
Das Fazit unserer Überlegungen ist, dass es wohl noch ein wenig dauern wird, bis sich die neuen Rollenbilder – vor allem das des Mannes von heute – durchgesetzt haben, doch der Anfang ist bereits gemacht!